Die Affenbande ist wieder los
XXL-Achenbach bei van Ham
Roter Apel, gelbe Birne. Unter dem Hammer - Venus und Adam von H.-P. Feldmann
Mit dem Learjet nach Miami Beach, mit dem Hubschrauber zur Vernissage - Helge Achenbach liebte das Leben auf der Überholspur. Im silbernen Bentley und auch sonst: schön, schnell, überschall. Die Preisaufschläge konnten kaum Schritt halten. Wer es in ein paar Jahren auf sage und schreibe gut 70 Millionen Schulden bringt, dem wird man eine Vorliebe für großzügige Formate kaum absprechen wollen.
Nach den AAA-Auktionen in Düsseldorf und Köln, „alles weg, alles verkauft, die Schätzpreise um gut 2 Millionen Euro übertroffen“ kündigt Van Ham jetzt völlig überraschend für den 30. September eine XXL-Auktion unter dem Motto "groß, größer, XXL" an. Wie das? Woher stammen die Werke? Und wie viele Immendorff-Affen und andere alte Kamelle kommen da noch auf uns zu? Die Gläubiger stehen Schlage, die Sammler scheinbar auch.
Van Ham Chef Markus Eisenbeis hat mit dem XXL-Kürzel tatsächlich so etwas wie eine Formel für Achenbachs Umtriebe gefunden. Auch bedient er einmal mehr die Schaulustigen und Spekulanten. Doch ist sein Angebot alles andere als XXL. Affen gab es auch schon bei den beiden Vorgänger-Auktionen Mitte Juni im Rudel. Großformatiges nicht minder. Der Nachbrenner – erwartet werden zwischen 550.000 und 800.000 Euro an Einnahmen - wird wohl vom Stapel laufen um die Kauflust des Publikums nicht über gebühr zu strapazieren. Außerdem kann van Ham erneut die Werbetrommel rühren und sich als Auktionshaus für die zeitgenössische Kunst in Erinnerung bringen.
Was der silberne Katalog verrät, ist der schier maßlose Hunger nach Kunst, den Helge Achenbach umgetrieben haben muß. Er kaufte für sich und seine Firma querbeet und keineswegs ohne Gefälle – von Thomas Bayrle zu Andreas Walther, von Franz Erhard Walter zu Walter Dahn, von Martin Denker zu Thomas Struth, gerne ganze Konvolute, auch schon mal ganze Ausstellungen.
Von Struth etwa ist ein XXL-C Print „Grafenberger Wald“ am Start, daß trotz seiner Ausmaße von 265,7 mal 600 cm und dem Schätzpreis von 40.000 bis 60.000 Euro zzgl. fast 50 Prozent Aufgeld irgendwie grauenhaft wirkt. Es schmückte einst das Edel-Restaurant Monkey´s, das Achenbach ins Verderben brachte. Noch so ein Objekt mit Erinnerungscharakter aus XXL-Zeiten ist „Revisiting Art History“ von Klaus Föttinger, ein Riesenei als Lampe (Schätzpries 5.000 bis 6.000 Euro). Das Stück hing einst auf dem Messestand von Achenbachs Firma „State of the Art Advisory“ auf der TEFAF Maastricht. Wann, ist zu fragen, kommt eigentlich die Ausstattung der Bar des Campo Bahia zur Auktion, an der Föttinger, Gursky und Co so eifrig beteiligt waren. Oder hat sich, wie zu hören ist, das Deutsche Sportmuseum bereits darum beworben?
Was der Katalog sonst noch hergibt? – Erstaunlicherweise bevorzugte Achenbach über Jahre vor allen zwei Galerien, Ryszard Varisella in Frankfurt a.M. und Michael Cosar in Düsseldorf, bei denen er bevorzugt einkaufte, ganze Ausstellungen, Konvolute, Werkgruppen. Da Varisella seine Galerie längst geschlossen hat, bleibt ein Anruf bei Cosar: „Nein, besondere Rabatte hat Helge nicht bekommen. Wer bekommt denn keine Rabatte!“ Besonders prekär kann es nun für Künstler werden, von denn jetzt viele Werke auf einen Schlag zum Verkauf kommen und deren Marktpreis noch keineswegs gefestigt sei. Wie zum Beispiel Erika Hock. Gleich vier Installationen kommen von der 1981 geborenen Düsseldorfer Künstlerin zu Preisen weit unter Galerienorm zum Aufruf (2000 bis 3000 Euro). Ob Cosar ins Bietergefecht mit eigenen Geboten eingreifen will? - „Da bin ich mir noch nicht sicher.“
Auch Altmeister Hans-Peter Feldmann gehörte zu den bevorzugten Achenbach-Künstlern, weil der Helge Achenbach auch schon mal gerne persönlich in seine Wohnung lies und vom Sofa aus Kunst verkaufte. Vier Werke von Feldmann sind auch auf der XXL-Auktion vertreten. Der Schubladenschrank aus 2003 (Taxe: 4.000 bis 6.000 Euro). Ein "David" und eine „Venus“, jeweils farbig gefasster Gips, 110 x 37 x 30cm (4.000 – 6.000 Euro), sowie die Foto-Installation "100 Jahre", deren Auflage nicht bekannt ist, dennoch zwischen 15.000 – 20.000 Euro taxiert wird. „Nur der Schubladenschrank ist ein Unikat“, äußert der Künstler auf Nachfrage, „die übrigen Arbeiten habe ich mehrfach gemacht. Aber ohne eine bestimmte Anzahl einhalten zu wollen.“
Man darf gespannt bleiben. Was zaubert Eisenbeis demnächst aus dem Hut? AAAA? Oder XXXL?
Wann bringt er Achenbachs Anteil an „Rheingold“ unter den Hammer, oder seine irgendwo bei Freunden und Kindern deponierte Privatsammlung, oder kleinformatiger, seine „Rechnungs-Collagen“ oder seine Kugelschreiber-Portraits von Mitgefangenen? Wir wissen es nicht. Einstweilen hat sich Eisenbeis aufs „Spektakuläre“ verlegt.
Da hilft nur die Erinnerung an Achenbachs unter Tränen vorgebrachtes Geständnis: „Ich bin dahin gekommen, weil ich nicht Nein sagen konnte.“
Mehr dazu am Abend der Auktion:
Helge Achenbach in einem ersten Gespräch aus der Untersuchungshaft in Essen auf n-tv um 18.30 Uhr
28.09.2015 11:21 (Kommentare: 0) | Weiterempfehlen
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