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Beuys-Haus mit Fragezeichen

“Das ist schließlich auch eine Sache, die sich wandelt”, hoffte Joseph Beuys schon 1975. Auf die Institution Museum angesprochen, die wie keine andere das Bewahren und Konservieren zum Programm erhoben hat, äußerte sich der Fluxus-Meister gewohnt zuversichtlich: “Die Museen werden dadurch, daß andere Menschen hineinkommen, auch immer wieder anders mit den Dingen umgehen.” Steilvorlage für Marion Ackermann, die kaum aus Stuttgart nach Düsseldorf berufen, als ihre erste Ausstellung und höhere Bewährungsprobe in der beträchtlich erweiterten und frisch sanierten Kunstsammlung NRW ausgerechnet eine Beuys-Retrospektive vorstellen will. Das Projekt war lange vor Ackermanns umstrittener Berufung vereinbart worden. Die Kunsthistorikerin gilt keineswegs als Beuys-Expertin, eher schon als anpassungsfähig. Eine Chance für den Wandel? Die Andere will es anders machen und setzt gleich zu Beginn Ihre Arbeit mit und an Beuys ein dickes Fragezeichen: “Beuys ausstellen?”


Ackermann bleibt kein andere Wahl. Für den 11. September 2010 hat sie bereits die große Düsseldorfer Beuys-Schau “Parallelprozesse” angekündigt (bis 16.01.2011). Bleibt bloß noch die Frage “Wie?”

 

Unmittelbar nach dem Tod von Joseph Beuys am 23. Januar 1986 entbrannte der Streit um dieses “Wie” - und glimmt noch immer. Die Installationen und Räume, die Skulpturen und Objekte waren von Beuys meist auf die jeweils vorgefundene Situation abgestimmt und nahmen auf die historischen und räumlichen Begebenheiten Bezug. Bedeutet eine Delozierung die Zerstörung einer Installation? Und wer, ohne Beuys, könnte sie an anderer Stelle wieder aufbauen - ohne die Authentizität anzutasten? Um solche Fragen im Vorfeld zu klären und wohl auch, um weiterem Streit den Wind aus den Segeln zu nehmen, stellt Marion Ackermann der Beuys-Ausstellung in ihrem neuen Haus am Grabbeplatz eine öffentliche Gesprächsreihe voran: “Wie kann man Beuys heute ausstellen?” lautet die Lei(d)frage. Bisher sind vier Termine am 12., 19., 26., Nov., sowie am 3. Dez. jeweils 19.30 Uhr angekündigt. Diskutiert wird mit “Weggefährten, Ausstellungsmachern und anderen Experten”. Auffällig ist, daß ausgerechnet jener Urheberrechtsexperte nicht aufs Podium darf, der die Interessen des Beuys-Estate (Eva Beuys und ihre Kinder) vertritt. Auch vom Beuys-Zentrum Museum Schloß Moyland ist niemand nach Düsseldorf geladen. Oder wäre nicht auch Reinhard Mucha ein willkommener Gast. Das “Deutschlandgerät”, ein Hauptwerk des Düsseldorfer Künstlers will Ackermann schließlich auch alsbald delozieren?

 

Womöglich hilft der Ort den Fragestunden auf. Wie die Jungfrau zum Kind kam Marion Ackermann zu ihrer dritten Spielstätte: dem Schmela-Haus. Ursprünglich als künftige Beuys-Zentrale Düsseldorf vom Land NRW erworben (die Kaufsumme, die das Land an Ulrike Schmela per 1.1.2009 gezahlt hat, bleibt “Betriebsgeheimnis und wird nicht herausgegeben” wie aus dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW zu erfahren ist), wird das ehemalige Galeriehaus schon seit geraumer Zeit als Quartier für wissenschaftliche Vorbereitungen der Beuys-Ausstellung genutzt. 1967 bis 71 von Alfred Schmela und Aldo van Eyck, dem Grand Seigneur der niederländischen Architektur, als  erstes Galeriehaus Deutschlands (Mutter-Ey-Str. 3, gleich hinter der Düsseldorfer Kunsthalle) errichtet, stellt dieser Bau ein herausragendes architektonisches Dokument der reformfreudigen sechziger Jahre dar (Siehe: Stichwort Architektur: Aldo van Eyck). Eingezogen ist Alfred Schmela in die obere Maisonettewohnung dann doch nicht.

 

Beuys war in der 1958 gegründeten Galerie Schmela von Anfang an unbestritten der Star. Am 17. September 1971 eröffnete Schmela seine neue Galerie mit Beuys´ legendärer Rauminstallation “Barraque D´Dull Odde”. Bis zu Schmelas Tod 1980 stellte Beuys hier kontinuierlich aus.

 

Was künftig mit dem Haus geschehen soll, ist zumindest offen? Dickes Fragezeichen auch hier. Die Auseinandersetzungen um das Beuys Erbe halten an. Ackermann schlägt, wenig originell, als Zwischennutzung eine Art “Schaufenster” vor. Dazu eine weitere Bar in der Düsseldorfer Altstadt. Eine neue “Gesprächskultur” soll “erstmalig erprobt” und mit Musik und Getränken “begleitet” werden. Christian Jendreiko und vier seiner Künstlerfreunde werden als DJ´s ein Musikprogramm für die temporäre Bar im Souterrain auflegen, die wiederum von Andreas Schmitten stammt. Die reichlich vergiftete Gesprächskultur in Düsseldorf könnte tatsächlich einen neuen Kommunikationsort vertragen. Wenn denn auch alle Widersacher und Streithähne eingeladen würden. 

 

C. F. Schröer

 

20.06.2011 07:43 (Kommentare: 0) | Weiterempfehlen

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